Hallo Gemeinde,
nein, dies soll jetzt keine Frage zu einer Kaufberatung für einen neuen Rechner sein, sondern eine Kaufberatung ansich. Auch wenn ich selbst erst wenige Monate hier im Forum aktiv bin, so ist mir aufgefallen, dass von "PC-Laien" in schöner Regelmäßigkeit immer wieder Fragen kommen getreu dem Motto: "Welche Hardware soll ich mir kaufen / Welche Hardware benötige ich für Video deluxe / Pro X" usw. Dabei wende ich mich hier jetzt nicht an absolute Profis, sondern eher an Einsteiger und die zuvor genannten "PC-Laien", die sich vor dem Kauf eines neuen Rechners nicht von irgendwelchen "windigen" Verkäufern rückwärts durch die Hecke ziehen lassen möchten, die einem nur das Geld aus der Tasche ziehen wollen und/oder vielleicht auch selbst keine Ahnung in Bezug auf die Erfordernisse beim Videoschnitt haben, diese Inkompetenz aber gut zu überspielen vermögen. Zum erfahrenen Anwender selbst diesbezüglich wird man dann nach gewisser Zeit und regelmäßiger Nutzung eh von ganz allein.
Auch ist diese "Kaufberatung" lediglich meine eigene Meinung und beruht auf meinen Erfahrungen. Sie hat also nicht zwingend und unter allen Umständen eine Allgemeingültigkeit, sollte aber zumindest einen groben und ersten Anhaltspunkt bieten in Bezug dessen, was man denn überhaupt so braucht und worauf man u. U. auch (zunächst/vorerst) verzichten kann. Und bevor jetzt "böse Kommentare/Antworten" kommen: Ja, ich bin mir darüber im Klaren, dass diese "Beratung" in vielen Teilen auf ein einfaches und vielleicht auch "sportliches" Niveau runtergebrochen ist, aber es geht ja auch nur um grundsätzliche Dinge, die vielleicht den einen oder anderen Neuling interessieren könnten. Also an die "Freaks" und "Nerds" hier im Forum: Bitte nix für ungut.
Zunächst einmal ist zu sagen, dass Videoschnitt/-bearbeitung durchaus schon eine gewisse "Königsdisziplin" in Bezug auf die Anforderungen an den Rechner darstellt. Aber keine Angst an dieser Stelle: Die Leistungsfähigkeit moderner Computer nimmt exponentiell immer mehr zu und auch die Preise sinken (im Mittel betrachtet) entsprechend, so dass es gewiss keines High-End-Systems für 5.000 EUR benötigt, allerdings ist andererseits ein sogenannter "Einsteigerrechner/Office-PC" für nur 300-400 EUR incl. Monitor i. d. R. deutlich unterdimensioniert. Zwar kann man auch mit einem solchen System arbeiten, aber das macht nun wirklich keinen Spaß und lässt bestimmt bereits nach kurzer Zeit Frust aufkommen. Was also braucht man in Bezug auf den Stand heute, Frühjahr 2017?
Nun, das hängt in erster Linie davon ab, welches Filmformat man hauptsächlich bearbeiten will, also in welcher Auflösung/Qualität das Ausgangsmaterial vorliegt, also SD, HD (720p), FullHD (1080i/p), 4K/UHD oder noch höher und mit welchen nachträglichen Effekten man dabei arbeiten will/muss in Bezug z. B. auf Farbkorrekturen, Schärfe, Bildstabilisierung, Filmeffekte, Überlagerungen, Masken usw. Viele, viele Kombinationen dieser Effekte zur gleichen Zeit in einem 4K-Video zwingen dann selbst einen derzeit gut 1.500 EUR teuren Intel i7 6950X zeitweise in die Knie. Standart dürfte aber heutzutage noch der HD/FullHD-Standart sein, auf den ich mich im weiteren Verlauf beziehe. 4K/UHD ist derzeit noch nicht sooo das Thema und dürfte wohl erst in 3, 4 Jahren weitere und damit nennenswerte (Massen-)Verbreitung gefunden haben.
Brauche ich unbedingt einen sogenannten Gaming-PC?
Das hängt davon ab, wie man diesen Begriff definiert. Ein Gaming-PC (oder -Laptop) ist mehr oder weniger tatsächlich auf hohe Spieleleistung ausgelegt, also auf eine hohe FPS-Zahl (Bildwiederholungsrate) mit möglichst exakten Details und Effekten in der Bildwiedergabe. Für reine Videobearbeitung ist aber eher ein sogenannter Workstation-Rechner die bessere Wahl.
Was bzw. wo ist der Unterschied?
Ein Gaming-PC hat im Prinzip schon eine gute, aber nicht unbedingt sooo schnelle und hochwertige CPU, weil die für Gaming oftmals nicht zwingend erforderlich ist. Hier kommt es eher auf eine schnelle Grafikkarte und schnellen RAM-Speicher an. In Bezug auf den RAM genügen für Gaming derzeit meistens 8 GB, maximal aber 16 GB, dann aber bitte auch in der Version DDR4-3000 oder besser. Anders ist es bei einer Workstation, u. a. zur Videobearteitung, zumindest bei Verwendung von Magix Video deluxe / Pro X. Hier kommt es auf eine schnelle CPU und möglichst viel RAM an. Will sagen, min. 16 GB RAM sollte man sich beim Neukauf/Umrüstung schon gönnen, wobei hier die Geschwindigkeit nicht so von Bedeutung ist. Es reicht diesbezüglich schon die "Einsteigerversion" bzw. der Basistakt mit DDR4-2133 oder 2400.
Und was ist mit der Grafikkarte?
Tja… Braucht man für Vdl/Pro X eine sogenannte dedizierte Grafikkarte, also eine "zusätzliche" Karte im PCIe-Slot zu der in modernen CPUs integrierten GPU (iGPU)? Die klare Antwort darauf lautet Jein. Magix unterstützt derzeit keine aktuellen dedizierten GraKas, insbesondere beim Rendern/Encodieren. Allerdings kann eine solche GraKa dennoch sinnvoll sein – insbesondere bei der Bearbeitung (nicht Rendern(!)) von FullHD-Filmen oder höher, wenn man im Vorschaufenster/Arranger keine Reduzierungen bei der Wiedergabe haben möchte/einstellt. Das hängt aber andererseits auch alles von der Leistungsfähigkeit der iGPU ab, dem verwendeten Bildmaterial, den nachträglichen Effekten usw. Anders gesagt: Mit einer zusätzlichen dedizierten GraKa macht man grundsätzlich nichts falsch, aber es muss keinesfalls ein "Leistungsmonster" für viele hundert Euro sein. Ich selbst habe eine GraKa mit Nvidia 1060-Chipsatz und 6 GB RAM verbaut und kann im Bearbeitungsmodus unter FullHD 50p keinen nennenswerten Unterschied zu der in meiner im i7 6700K verbauten iGPU erkennen. "Notfalls" also erst einmal einen Rechner ohne dedizierte GraKa kaufen und dann selbst testen, ob das System schnell genug ist bzw. den eigenen Ansprüchen genügt. Wenn nicht, dann muss es keinesfalls eine High-End-GraKa für viele hundert Euro sein. Mehr als 150-200 EUR sollte man hier nicht investieren, denn mehr ist rausgeworfenes Geld, sofern man auch sonst kein "Gamer" ist. Dieser Punkt der mangelhaften Unterstützung von dedizierten GraKas seitens Magix ist übrigens auch eine Sache, die oftmals in vielen Fachzeitschriften stets bemängelt wird. Das können andere Programme wie z. B. Adobe Premiere Elements oder PowerDirector deutlich besser, aber dafür haben diese Schnittprogramme auch wieder andere Nachteile.
Also auf eine schnelle CPU setzen?
Klares Ja. Magix setzt sowohl bei der Bearbeitung als auch beim Rendern inzwischen quasi fast nur noch ausschließlich auf die CPU-/iGPU-Leistung. Je schneller, desto besser. Zwar werden (beim Rendern) auch noch einige ältere GraKas unterstützt (z. B. CUDA-Algorithmus), aber die sind inzwischen im Handel quasi nicht mehr erhältlich, nur noch gebraucht.
Und welche CPU soll ich dann kaufen?
Möchte man beim Rendern/Encodieren ebenfalls ein flottes System haben, dann bleibt derzeit nur der Griff zu Intel. Die in modernen/aktuellen Intel-CPUs verbauten iGPUs haben den sogenannten Intel Quick Sync-Algorithmus als Hardware-Beschleunigung integriert, der auch von Magix unterstützt wird. Dabei scheiden sich unter "Experten" allerdings die Geister, ob die Verwendung dieses Codecs nicht, abhängig vom verwendeten Container (also dem Ausgabeformat) mit einem Qualitätsverlust des Bildmaterials verbunden ist usw. Ich persönlich finde diese Frage nach diversen Tests eher akademisch, aber na ja. Auf jeden Fall rendert dieser Codec in modernen/aktuellen Intel-CPUs bzw. iGPUs sehr schnell und ist meiner Erfahrung nach diesbezüglich kaum noch von CUDA oder APP zu unterscheiden. Was dann die Wahl der (Intel-)CPU selbst betrifft, so würde ich bei einer Umrüstung oder Neuanschaffung nicht mehr unter einem i7 6700(K), i7 7700(K) oder i7 6800(K) anfangen. Diese CPUs kosten derzeit ca. zwischen 300 und 400 EUR und bieten m. E. ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis, wobei die K-Versionen dieser CPUs in Verbindung mit einem passenden Mainbord und – ganz wichtig dabei! – guter Gehäuse- und CPU-Kühlung auch für den Alltagsgebrauch bis zu ca. 20% übertaktet ("Overclocking" OC) werden können, was sich insbesondere bei der Renderzeit deutlich bemerkbar macht. OC einer CPU hat dabei aber auch Nachteile wie z. B. einen höheren Stromverbrauch (auf das verbaute Netzteil achten), höhere CPU- und Systemtemperaturen (bei nicht ausreichender Kühlung) sowie eine geringfügigere Lebensdauer der Komponenten und man sollte ganz allgemein darauf achten und wissen, was man da tut und wie man was einstellen muss. Wer davon keine Ahnung hat, der sollte davon auch die Finger lassen oder sich vorher gut erkundigen. Bei YT z. B. gibt es etliche Videos, wie man OC gefahrlos betreiben kann. Bei AMD-CPUs – auch der gerade erschienenen Ryzen-Serie – gibt es seitens Magix keine HW-Beschleunigung, aber vielleicht wird sich das mit einem der kommenden Updates auch ändern?
Was brauche ich an Festplattenspeicher?
Pah… ebenfalls so ein zweischneidiges Schwert. Speicherplatz kann man bekanntlich nie genug haben, denn gerade beim Videoschnitt fallen sehr große Datenmengen an. Abhängig davon, was sonst noch so alles auf dem Rechner an Programmen installiert ist, sollte man schon eine rund 250-500 GB große SSD installiert haben, eventuell noch eine zweite 1-2 TB große SATA-HD und eine oder (im Laufe der Zeit dann) mehrere externe USB-Platten als Backup- bzw. Archivierungsmedium. Aber das hängt natürlich auch von der Intensität des Videoschnitts ab. Wer nur 1-2x im Jahr ein 10-minütiges Urlaubsvideo schneidet und dazu vielleicht noch den jährlichen Geburtstag von Oma und Opa, der kommt mit einer 2 TB HD sicher ein paar Jahre aus. Wer jedoch deutlich mehr filmt – und das auch noch in 4K/UHD – der kann gar nicht genug Speicherplatz haben. Hängt also auch alles von den persönlichen Bedürfnissen ab – obwohl… eine SSD ist bei knappem Budget eigentlich auch nicht sooo zwingend erforderlich, denn im Prinzip reicht auch eine einfache SATA-HD, womit ich beim nächsten Punkt angelangt bin:
Wieviel muss ich denn jetzt eigentlich mindestens investieren?
Soll der Schnitt, die Bearbeitung und das Rendern/Encoding in FullHD-Qualität in zumindest halbwegs ordentlicher Zeit und Qualität erfolgen, dann kommt man derzeit bei Bestellung der Einzelkomponenten, die auch aufeinander abgestimmt sind, unter 700-750 EUR für einen Desktop-PC (ohne Monitor, Tastatur und Maus), der dann aber noch in Eigenregie zusammengeschraubt werden muss, nicht davon. Braucht man unbedingt einen in der Leistung vergleichbaren Laptop, dann beginnen die Preise so bei grob 1.500 EUR. Ich will an dieser Stelle mal ein (eher Low-Budget-)System zusammenstellen, das für den Schnitt in FullHD (Stand heute) gut geeignet ist:
- Gehäuse ca. 50-100 EUR
- Netzteil 400W ca. 50-70 EUR
- Mainbord ca. 100 EUR
- CPU (i7 6700) ca. 300 EUR
- CPU-Kühler ca. 20-30 EUR
- 16 GB DDR4-2133 RAM ca. 100 EUR
- 2 TB SATA HD ca. 70 EUR
- DVD-LW ca. 20 EUR
- Multi-Kartenleser ca. 10-15 EUR
Das macht dann in der Summe gut 750-800 EUR, wobei man am Mainbord und dem Netzteil (und eigentlich auch beim Gehäuse) nicht zu extrem sparen sollte. Hinzu kommen, wie schon weiter oben erwähnt, noch die Kosten für einen Monitor (ca. 120-130 EUR für FullHD) und Tastatur/Maus, wobei man dann in der Summe bei knapp/rund 1.000 EUR liegt. Deutlich darunter geht es derzeit einfach nicht. Der größte "Sparfaktor" wäre noch bei der CPU, wenn man sich statt eines i7 auch mit einem i5 (minus rund 100 EUR) zufrieden gibt und auch den sogenannten "Boxed-Lüfter" akzeptiert bzw. man mit dessen Geräuschkulisse leben kann.
Wie dem auch sei: Je mehr man investieren kann/will/möchte, desto besser für das Arbeiten mit Vdl/Pro X. Man sollte sich aber dennoch grundsätzlich darüber im Klaren sein, dass man mit dem Erwerb dieser Software für gerade einmal gut 50 EUR, knapp/gut 100 EUR oder im Falle von Pro X rund 400 EUR (oder wie auch immer die Angebotslage seitens Magix gerade gestaltet sein mag) keineswegs eine absolute Profi-Software erwirbt, die unter allen Belangen und Umständen stets einwandfrei und fehlerfrei funktioniert. Wer unter allen Umständen unbedingte Profiqualität erwartet und fordert, der sollte sich auch in den entsprechenden Regionen umschauen – so einfach ist das.
Um jetzt zum Schluss zu kommen: Ich weiß, wie eingangs schon erwähnt, dass diese "Kaufempfehlung/-beratung" nur sehr grob ist und noch viele Lücken enthält, aber es soll ja auch nur ein gaaanz, ganz grober Überlick sein, was für den Videoschnitt so überhaupt an Minimalkonfiguration benötigt wird. Wenn Ihr noch Ergänzungen habt, dann bitte gerne her damit. Vielleicht ist dieses Posting auch ein Thema, das von Magix ganz allgemein als mehr oder weniger hilfreich betrachtet und entsprechend verschoben (aber hoffentlich bitte nicht gelöscht?) wird.
Gruß, Jürgen
Edit/Ergänzung Nr. 1 vom 23.05.2017: Vielen, vielen Dank für die inzwischen 14 "Dankeschön" für dieses Thema. Ich fühle mich geehrt und habe eine solche positive Reaktion nicht erwartet. Aber: Bitte lest auch mein Posting #22 in diesem "Fred" (vom 20.05.2017 um 00:35 Uhr) zu diesem Thema, wo ich mal einen Performance-Test zwischen meinem auf 4,6 GHz übertakteten i7 6700K und der "Billigheimer-CPU" in Form eines Pentium G4560 durchgeführt habe. Das Ergebnis hat mich selbst komplett überrascht und erstaunt - und ich muss meine Kaufempfehlung in diesem Posting für alle Budget-Freunde daher in gewisser Weise korrigieren, aber lest bitte selbst, danke.